Wer Soziale Medien nutzt, bekommt in aller Regel auch Werbung gezeigt. Besonders beliebt bei Werbekunden ist die sogenannte personalisierte Werbung. Sie ermöglicht es, Menschen ganz gezielt anzusprechen. Und sie spült deshalb besonders viel Geld in die Kassen von Social-Media-Anbietern. Für ein möglichst lukratives Geschäft mit personalisierten Anzeigen wollte TikTok ab Mittwoch, den 13.7.2022, in Europa neuen Nutzungsbedingungen einführen. Das Ziel: Alle Nutzer:innen ab 18 Jahren sollten personalisierter Werbung zustimmen müssen, um den Dienst nutzen zu können. Doch dazu wird es vorerst nun nicht kommen. Die irische Datenschutzbehörde (Data Protection Commission, kurz: DPC) konnte TikTok in letzter Minute von den Plänen abbringen.

Was hatte TikTok konkret geplant?

TikToks Pläne sahen vor, persönliche Daten der Nutzer:innen zu verwenden, um personalisierte Werbeanzeigen ausspielen zu können. Wie bei anderen sozialen Netzwerken auch ist die Werbefinanzierung eine zentrale Einkommenssäule der chinesischen Video-Plattform.

Was ist personalisierte Werbung?

Unter personalisierter Werbung verstehen wir Anzeigen, die passgenau zugeschnitten sind auf die Eigenschaften und das Verhalten der Nutzer:innen im entsprechenden Sozialen Netzwerk. Weil mit personalisierter Werbung Nutzer:innen sehr gezielt angesprochen werden können, sind diese Leistungen für Werbekunden teurer – und damit besonders lukrativ für die Plattformbetreiber.

Laut der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) müssen Verbraucher:innen aber zunächst ihre Zustimmung dazu geben, dass die eigenen Daten auch zu Werbezwecken genutzt werden dürfen. Es sei denn, es liegt ein „berechtigtes Interesse“ des Unternehmens vor. Dann kann eine Datenerhebung auch ohne Zustimmung möglich sein.

 

TikTok hatte bei dem jetzt geplanten Vorgehen die DSGVO an dieser Stelle sehr großzügig interpretiert, um an Nutzer:innendaten zu kommen: Laut TikTok ergebe sich aus der Werbefinanzierung ein ebensolches „berechtigtes Interesse“, persönliche Daten zu erheben. Allen TikTok-Nutzer:innen ab 18 Jahren sollte deshalb die Möglichkeit genommen werden, der Datenweitergabe aktiv zuzustimmen.

 

Stattdessen sollten die Nutzer:innen jeweils eine persönliche Begründung vorlegen, um der Datenverwendung zu Werbezwecken zu widersprechen. Auf Twitter kursiert ein Screenshot der entsprechenden Ankündigung von TikTok:

Die Pläne des TikTok-Betreibers Bytedance hatten bei Datenschützer:innen Alarm ausgelöst. Schließlich würde es mit dieser Praktik für Nutzer:innen sehr schwer werden, gegen eine Datenerfassung vorzugehen. Tatsächlich wäre dieser Schritt auch ein Novum bei Social-Media-Diensten. In der Regel bieten andere Netzwerke ihren Nutzer:innen nämlich die Möglichkeit an, der Datenerhebung per Button zu widersprechen – ohne diese Entscheidung auch noch persönlich begründen zu müssen.

Aufgeschoben, nicht aufgehoben: TikTok pausiert Pläne vorerst

TikTok hat auf Initiative der irischen Datenschutzbehörde dazu eingewilligt, die geplante Datenweitergabe-Regelung vorerst auszusetzen. Die DPC ist zuständig für die Regulierung des europäischen TikTok-Geschäfts.

Gegenüber dem SPIEGEL stellt TikTok allerdings klar, dass die Pläne zur verpflichtenden personalisierten Werbung damit noch nicht vom Tisch seien. Man wolle nun mit Interessenvertreter:innen gemeinsam nach einer Lösung suchen. „Wir glauben, dass personalisierte Werbung das beste In-App-Erlebnis für unsere Community bietet und uns mit den Praktiken der Branche in Einklang bringt“, sagte eine Unternehmenssprecherin.

Warum ist TikTok bei der Datenerhebung so hartnäckig?

Datenschützer:innen können die Intervention der DPC vorerst als Erfolg werten. TikTok bleibt bei diesem Thema allerdings hartnäckig. Personalisierte Werbung ist besonders lukrativ, allerdings ist die Verwendung persönlicher Daten von Minderjährigen zu Werbezwecken in Europa und andernorts gesetzlich eingeschränkt.

Weil viele Nutzer:innen der Plattform noch nicht volljährig sind, ist TikTok sehr daran gelegen, die Werbefinanzierung zumindest bei volljährigen Nutzer:innen zu optimieren und dazu auf möglichst viele persönliche Daten zuzugreifen.

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